Am Nikolaustag unternahmen die Schülerinnen und Schüler der Korridorklasse einen gemeinsamen Ausflug nach Frankfurt.

Besucht haben wir das Dialogmuseum, welches sich direkt an der Hauptwache befindet. Dort tauchten wir ein in die Welt der Dunkelheit. Geführt wird das Museum von Menschen mit einer Sehbehinderung.

Nachdem wir mit Blindenstöcken ausgestattet und vertraut gemacht wurden, führte uns unser netter Guide Benji durch die verschieden Themenräume. Diese waren über die gesamte Zeit so stark abgedunkelt, dass wir sprichwörtlich nicht einmal unsere eigene Hand vor Augen sehen konnten. So blieb uns nichts anderes übrig, als uns auf unsere verbleibenen Sinne verlassen zu müssen. Wir haben gemerkt, wie wichtig plötzlich unser Gehör wurde. Was man alles wahrnehmen konnte, ohne es zu sehen. Unser Guide führte uns durch seine eigene Welt. So besuchten wir ein Kino, überquerten eine Strasse, machten einen Spaziergang durch einen Park, besuchten einen Weihnachtsmarkt und fuhren sogar mit einer U-Bahn - und das alles ohne etwas zu sehen. Zum Ende gingen wir alle zusammen sogar in eine Bar, in der wir uns ein kühles Getränk oder Lebkuchen kaufen konnten. Es war wirklich eine ganz besondere Herausforderung all diese Dinge zu meistern, ohne auch nur ein bisschen zu sehen. Wie gut, dass Benji dafür sorgte uns heil durch die Ausstellung zu bringen. Mit sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen leitete er uns, gab uns Tipps und erklärte uns so manches und machte uns auf Neues aufmerksam. 

Es war wirklich aufregend und anstrengend ganz anders zu denken und vorzugehen, als wir es als sehende Personen gewohnt sind. Es war aber auch sehr bereichnernd. Wir können uns nach dieser Erfahrung viel besser in Menschen hineinversetzten, die anders sind als wir, die nicht sehen können und dennoch meist sehr selbstständig ihr Leben führen. Es zeigte uns, was für ein Wunderwerk unser Gehirn ist, weil es sich an so viele Umstände anpassen kann. Fällt ein Sinn weg, werden die übrig gebliebenen gestärkt.

In unserem anschließenden Gespräch wurde aber etwas noch viel wichtigeres klar. Sehbehinderte Menschen orientieren sich (notgedrungen) nicht nach Äußerlichkeiten. Es ist für sie nicht wichtig welche Hautfarbe jemand hat, welche Kleidung jemand trägt, ob jemand besonders hübsch ist oder modern. Diese Dinge sind ohne Bedeutung. Wichtig ist die Stimme, die wohlwollend, freundlich oder arrogant und feindeslig klingen kann. Wichtig sind die Worte, die man spricht, ob sie nett und interessiert oder abweisend und beleidigend sind. All das gab uns zu denken. Vielleicht beurteilen wir Sehenden andere manchmal zu schnell? Vielleicht lohnt es sich anderen Dingen mehr Bedeutung zu verleihen, als dem was wir sehen? 
Fragen, die uns noch länger beschäftigen werden. 
Für uns war diese Erfahrung sehr wertvoll, daher können wir einen Besuch im Dialogmuseum nur weiterempfehlen.

 

J.W.

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